Was muss zusammenpassen, damit ein Sportler erfolgreich ist? Nun, zuallererst einmal muss der Spaß am Sport allgemein und an der gewählten Sportart im besonderen vorhanden sein. Ein grundlegendes Talent ist auch nicht von Schaden. Sowohl eine physische Begabung als auch eine zu gewisser emotionaler Leidensfähigkeit sind von Vorteil – nicht nur im Wettkampf selbst, vielleicht noch viel mehr in der alltäglichen Trainingsroutine, wenn Dinge wieder und wieder geübt werden müssen, wenn man der tausendfachen Wiederholung nicht überdrüssig werden darf und es auch aushalten muss, dass andere, private Events des öfteren mal zurückstecken müssen. Das sind die intrinsischen Faktoren, die der Sportler weitestgehend schon mitbringt oder die er selbst in der Hand hat.
Dann kommen die extrinsischen Faktoren hinzu. Gute Trainingspartner sind hilfreich, solche, mit denen die Quälerei tatsächlich auch noch einen Hauch an Spaß mit sich bringt und an denen man sich messen kann. Eltern, die das Kind unterstützen und motivieren, sind wertvoll und fast immer Voraussetzung für den Erfolg.
Ja, und dann braucht es Trainings- und Wettkampfstätten in ausreichender Zahl und Qualität und ohne die immensen Kosten, die man als Abteilung oder Sportverein teilweise löhnen muss, möchte man sie denn nutzen. Und hier sind wir an einem sehr neuralgischen Punkt der Bedingungskette angekommen. Die Fotos zeigen einige der Sport-Facilities einer ganz normalen Schule in einer unbedeutenden Kleinstadt in den USA. Für amerikanische Verhältnisse ist das sogar eine sehr kleine unbedeutende Kleinstadt irgendwo im mittleren Westen des Landes. Es sind nur jene Sportstätten abgebildet, die wir zu sehen bekommen haben, es sollen aber noch mehr existieren auf dem Gelände, unter anderem mindestens eine weitere Gym. Dazu bestaunten wir weitläufige Außenanlagen für die Rasen- und Ballsportarten. Und all das darf in den Sommerferien benutzt werden. Hier ist dem Hausmeister und dem sonstigen Personal offenbar zuzumuten, dass junge Menschen im Sommer ihrem Sport nachgehen dürfen.







Die Turnhalle ist erstklassig ausgestattet mit allem, was man sich nur wünschen kann. Die Sanitäranlagen sind tipp-topp und werden mehrmalig am Tag gereinigt. Selbst an so Kleinigkeiten wie Trinkwasserspender wurde gedacht, an denen man seine Flaschen mit glasklarem, gekühltem, gut schmeckendem Wasser auffüllen kann. Vier ausklappbare Tribünen machen Events aller Art möglich. Die 400 Meter Rundbahn ist gut in Schuss und bietet den Untergrund für schnelle Zeiten, eine Zuschauertribüne ist auch vorhanden. Die Außenflächen sind wunderbar gepflegt. Und die Spielfelder für Rugby oder American Football sehen ebenso gut aus.
Dazu addieren sich für dieses Städtchen die umfassenden Sportanlagen der Uni.

Und wie jede Stadt in den USA hat auch Bemidji ein CENTER. Hier heißt es Sanford Center und beherbergt die Arena, in der im Winter Eishockey, Curling und Eiskunstlauf betrieben werden, und die im Sommer für andere Sportarten oder Events zur Verfügung steht. Von Einheimischen, die immer wieder bei unseren Wettbewerben zuschauen, erfuhren wir, dass es eine weitere Eishalle gibt hier in der Stadt, die ab September Eis haben wird und im Moment für eisfreie Veranstaltungen genutzt wird.


So ist es wohl kein Zufall, dass aus dem beschaulichen Bemidji ein Olympiasieger, mehrere Weltmeister und weitere Teilnehmer an Olympischen Spielen kommen.
In wenigen Tagen beginnen in Paris wieder die Olympischen Spiele, diesmal die Games of the XXXIII. Olympiad, die der Sommersportarten. Und wenn nicht ein großes Wunder passiert, werden wir wieder zahlreiche Berichte, Filme, Texte und Reportagen sehen, lesen und hören, in denen die mickrige Medaillenausbeute der deutschen Sportler weit unter dem gesteckten Ziel analysiert werden wird und in denen man sich seltsamerweise wundert, warum es mit dem Sport in Deutschland bergab geht.
Wieder wird man ratlos nach Gründen suchen. Und neben der Tatsache, das sportliche Leistungen und Leistung allgemein dem Staat nicht mehr viel wert zu sein scheinen und finanzielle Förderung immer mehr reduziert wird, ist es der Mangel an gut funktionierenden Sportstätten und an Sportstätten überhaupt, der immer weniger Spitzensport möglich macht, weil es schon an der Basis krankt. Wem die Bequemlichkeit fürs Personal wichtiger ist, als dass die leistungswilligen jungen Leute trainieren dürfen, und wer kaum Geld in die Hand nimmt, um Sportstätten zeitnah zu sanieren oder neue zu bauen, wer also nicht sät, der wird auch nicht ernten können. Die Ernte des US-Amerikanische Teams wird vermutlich viermal so groß sein wie die der deutschen Mannschaft (Zwischenstand nach 6 Wettkampftagen: USA 38 Medaillen, Deutschland 6). Und viele der deutschen Medaillenkandidaten wie die Zehnkämpfer Leo Neugebauer und Till Steinforth oder die Sprinterin Gina Lückenkemper, zahlreiche Schwimmer oder Triathleten trainieren der optimalen Förderung wegen ohnehin längst schon in den USA. Die Zahl der deutschen Talente, die ihren Weg über die Sport-Scholarships der amerikanischen Unis zu gehen sucht, ist steigend. Und wer als erfolgreicher deutscher Sportler nicht ins Ausland geht, dessen Trainingsumfeld ist nicht selten ein Familienunternehmen wie bei Niklas Kaul, dem dritten Zehnkämpfer im Bunde, der in Paris am Start ist, oder wie beim Ruderer Oliver Zeidler. Diese Athleten entkoppeln sich weitestgehend von den wenig förderlichen Verbänden und werden von den Eltern trainiert und betreut.
In Wissenschaft und Bildung nennt man es Braindrain, wenn immer mehr überdurchschnittlich gut gebildete Menschen das Land verlassen, um im Ausland zu studieren, weil die Bedingungen dort besser sind, oder im Ausland arbeiten, weil ihr Wissen und Können dort besser gewertschätzt wird. Dieser Braindrain bedroht Deutschland gerade massiv. Im Sport gibt es wohl noch keinen Namen dafür, aber auch da ist eine Flucht zu bemerken.
Es wird höchste Zeit, dass man in unserem Land beginnt umzudenken und gegenzusteuern.
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