Wie definiert man Erfolg? Es gibt stets verschiedene Ansätze, sich diesem Thema zu nähern. Und neben der ganz rationalen Herangehensweise existieren auch emotionale und sehr persönliche Sichtweisen auf diesen Sachverhalt:

  1. Einen Deutschen Meistertitel zu erringen, ist fraglos ein fantastischer Erfolg.
  2. Die Podestplatzierung in einer Altersklassenwertung zu erreichen, würde man gewiss auch als einen solchen einstufen.
  3. Bei einer persönlichen neuen Bestleistung fällt einem das Attribut erfolgreich ein.
  4. Oder getragen zu werden vom Mitgefühl und der Fürsorge der anderen, falls man eben doch einmal das Gegenteil von erfolgreich war, ist etwas, das auf der Habenseite im Reigen der Erfahrungen so einer Meisterschaft zu verbuchen geht.
  5. Und eine Niederlage gut und zügig zu verarbeiten und langfristig in einen Gewinn umzuwandeln, darf man auch als erfolgreiche Herangehensweise ansehen.

All diese Kategorien von Erfolg haben wir in Warendorf anlässlich der Deutschen Meisterschaft im Einrad-Rennen erlebt:

Fünf dieser Deutschen Meistertitel brachten die Garser mit nach Hause, vier bei den Juniorinnen, einen bei den Erwachsenen – eine stolze Quote für gerade mal fünf Starter vom heimischen TSV.

Drei Juniorenmeistertitel gingen aufs Konto von Henriette Höhne (14). Sie gewann die Finalwettbewerbe über 30 Meter Wheelwalk, im Weitsprung sowie im Coasting. Dazu kamen dreimal zweite Meisterschaftsplätze im Hochsprung, im Rennen über 10 Kilometer in der Unlimited-Klasse und im IUF-Slalom.

Im IUF-Slalom holte Annalena Söll (13) ihren ersten Juniorenmeistertitel und damit erstmalig einen Pokal. Der erste Meisterschaftspokal bei einer DM ist etwas ganz besonderes im Leben eines Sportlers. Er bedeutet zum einen, momentan der Beste Deutschlands in dieser Disziplin zu sein, zum anderen aber auch, dass die Leistung aus dem Altersklassenvorkampf noch ein weiteres Mal im Finale abgerufen werden konnte. Wenn Disziplinen wie der Wheelwalk oder eben der IUF-Slalom auf so hohem Niveau wie von Annalena oder Henriette betrieben werden, wandeln die Sportler auf einem sehr schmalen Grat zwischen Triumph und Abstieg. Und es ist durchaus keine Selbstverständlichkeit, ein zweites mal ohne Sturz ins Ziel zu kommen, denn eine vordere Platzierung ist nur dann zu erlangen, wenn man mit höchstem Risiko fährt.
Dazu gesellten sich bei Annalena ein hervorragender vierter Platz aus dem Juniorexpertfinale über 30 m Wheelwalk, ein fünfter Platz über 10 km Standard und ein achter Platz im Weitsprung.

Der Deutsche Meistertitel bei den Erwachsenen stammt von Konstantin Höhne (22), errungen über 10 Kilometer in der Unlimited-Klasse. Auf nahezu idealer Strecke, einem zweimal zu durchfahrenden, gut abgesperrten Straßenkurs mit Start und Ziel im Stadion, hat er seine bisherige Bestzeit aus dem EM – Rennen in Sittard von 25:30,033 min (36 Zoll) auf nun 21:37,25 min (26 Zoll geschalten) gesenkt. Neben dieser erstklassigen sportlichen Leistung durfte er zudem das Gefühl genießen, als Erster des 10 km – Rennens wieder ins Stadion einzubiegen und mit Jubel begrüßt zu werden. Obwohl natürlich jeder Ankommende beklatscht wird, ist doch gerade das stets etwas Besonderes:
Die Zuschauer im Stadion sehen das Starterfeld das Stadionrund verlassen, schauen von nun an auf ihre Uhren und rätseln, wer nach welcher Zeit wohl zuerst wieder durch die kleine Abfahrt in der Südkurve einbiegt. Und dann erscheint der erste, und ein Raunen geht durch die Ränge – ein berauschendes Erlebnis für diesen Fahrer.

Den Meisterschaftsplatzierungen gingen Erfolge in den Altersklassenwettbewerben voraus, die stets gleichzeitig als Qualifikationsvorkämpfe für die Finals dienen. In diese Endkämpfe kommen die jeweils acht besten Junioren (Finale um den Titel Deutscher Juniorenmeister) und die jeweils acht besten Starter ab 15 Jahre und älter (Finale um den Titel Deutscher Meister).

In den Altersklassenkonkurrenzen wurde Luzia Gerzer (9) in der AK U11 jeweils hervorragende Sechste über 800 Meter, über 10 Meter Wheelwalk und im IUF- Slalom. Es war Luzias erste Teilnahme an einer Deutschen Meisterschaft, noch dazu in dem durch die Doppelaltersklassen immer ungünstigen ersten Jahr in dieser AK. Auch im kommenden Jahr ist sie noch einmal startberechtigt für die Altersklasse U11 und wird dann gewiss ein Wörtchen mitreden bei der Medaillenvergabe.

Michel Höhne (53) gewann die Bronzemedaille über 50 Meter Einbein in der AK 30+. Dazu wurde er 4. über 100 Meter und 800 Meter sowie 5. über 400 Meter und im IUF-Slalom, alles auch in der AK 30+.
Im Wheelwalk und im Hochsprung sortierte man ihn in der AK 19+ ein, denn es gibt nicht genügend Fahrer jenseits der 30, die diese Disziplinen beherrschen, um eine eigene AK-Wertung zu ermöglichen. Diese Wettbewerbe schloss er mit den Plätzen 9 und 5 ab.
Annalena brachte einen 3. Platz im IUF-Slalom sowie an weiteren vorderen Rängen die Plätze 4 über 30 m Wheelwalk, 5 über 10km Standard und 8 über 50 m Einbein aus den AK U15 Wettbewerben mit.
Henriette siegte in der selben AK im Wheelwalk, im Coasting und im Weitsprung und wurde Zweite im Hochsprung.

Neue persönliche Bestleistungen sind oft die Basis für Podestplatzierungen, stehen aber auch manchmal einfach für sich, und haben trotzdem einen hohen Stellenwert.
Konstantins neue Bestzeit über 10 km fand schon Erwähnung.
Luzia war über 10 m Wheelwalk mit 6,91 s über eine Sekunde schneller als beim Zebracup im Mai 2018.
Annalena katapultierte ihre Zeit im IUF-Slalom auf 20,38s und war damit ca. 1,5 Sekunden flotter unterwegs, als in ihrem bisher erfolgreichsten Durchlauf. Auch 9.68 s über 50 m Einbein ist sie vorher noch nie gefahren, und die 9.89 s aus dem Juniorinnenfinale über 30 m Wheelwalk markieren ebenso einen neuen Bestwert.
Henriette sprang mit 2,45 m im Weitsprung so weit, wie nie zuvor in einem offiziellen Wettkampf. Fast wäre es noch 5 cm weiter gegangen, denn beim 12. und letzten Versuch, dem über 2,50 m, berührte sie nur noch die aller hinterste Kante der Messlatte. Dieser Sprung ging nur um wenige Millimeter daneben. Eine herausragende neue Bestzeit verkörpern auch ihre 8,71 s aus dem Wheelwalkfinale, nachdem ihr schon im Vorkampf mit 8,72 s ein Quantensprung unter die 9 – Sekunden – Marke gelungen war. Über 10 km fuhr sie mit 23:26,98 min über 2,5 Minuten schneller als beim Rennen vor einem Jahr bei der EM in den Niederlanden.
Michael freute sich nicht nur darüber, seinen 30 m Wheelwalklauf ins Ziel gebracht zu haben, sondern auch über die Zeit von 18,34 s, fast 2 Sekunden schneller als in Duisburg am 1. Mai 2018. Auch im 10 km Rennen verbesserte er sich von 29:34,420 min (EM 2017) auf nun 27:39,28 min.
Gemeinsam mit Marco Hafemann, Robert Empl und Rüdiger Auernhammer fuhr er noch eine Staffel sicher ins Ziel.
Auch die drei jungen Garser Fahrer drehten eine erfolgreiche 4×100 Meter – Runde, verstärkt durch Simon Schock von Salamander Kornwestheim als viertem Fahrer.

 

Neben all diesen erfreulichen und teilweise herausragenden Ergebnissen gab es aber auch Ausfälle und nicht komplett erfolgreich gelungene Versuche oder Disziplinen hinzunehmen, was die Fürsorge der Teamkameraden ins Spiel brachte. Wohl kaum ein Teilnehmer erreicht bei einem Wettbewerb mit so zahlreichen Starts durchgehend brillante Ergebnisse. Freud und Leid von Sieg und Niederlage gehen dabei Hand in Hand eng nebeneinander her.
So war Luzi traurig nach ihren Abstiegen über 50 Meter Einbein und im 800 m Rennen und fand Trost in Henriettes Armen. Annalena brauchte Aufmunterung nach den Rennen über 400 und 800 m und erhielt diese von ihren Teamkameraden und von anderen Teilnehmern. Und auch Henriette empfand den Zuspruch nach dem Abstieg im Finale über 50 m Einbein gewiss als ganz angenehm. Dort war sie im ersten Startversuch ziemlich perfekt weggekommen, was ein sehr gutes Ergebnis hätte erwarten lassen können. Eine andere Teilnehmerin rollte aber wenige Hundertstel zu früh durch die Lichtschranke, weshalb der Versuch als Fehlstart abgebrochen werden musste. Und in Versuch zwei rutschte sie mit einem Fuß von der Pedale, und aus war der Traum.
Das bleibende, wertvolle Gefühl dabei ist aber, dass man im Moment der Niederlage von den anderen des Garser Teams aufgefangen wird und auch teamübergreifend Trost und Zuspruch erfährt.

Und so schafften es alle Garser Starter flottweg, eine Niederlage wegzustecken, wenn sie nun denn mal daherkam, und sich schnell ins Geschehen des nächsten Wettbewerbs hineinzufinden. Das ist vor allem dann bemerkenswert, wenn die Meisterschaft, wie es die drei Mädchen erlebten, nicht mit den Ergebnissen startete, die sie erwartet oder sich zumindest erhofft hatten. Keine aber ließ sich davon entmutigen, und jede arbeitete sich so in die Wettkämpfe hinein, dass schlussendlich ein hervorragendes Gesamtergebnis erreicht wurde.

Und um den anfänglichen Gedanken noch mal aufzugreifen: Erfolg – das sind nicht nur Medaillen und Pokale. Es ist auch ein Erfolg, wenn Sportler und Betreuer die Souveränität besitzen, wertschätzend mit ihren Kontrahenten umzugehen und deren ehrlich erbrachte Leistung anzuerkennen. Und wenn sie der nicht immer dankbaren Arbeit der Kampfrichter respektvoll begegnen und den enormen Einsatz der Ausrichter und Helfer zu würdigen wissen.

In diesem Sinne: Unser allergrößter Respekt und ganz herzlicher Dank an die EGM und an alle Helfer und die Kampfrichter dieser DM. Was wir in Warendorf an guter Organisation in Verbindung mit großer Herzlichkeit, guter Laune und eben durchgehender Souveränität selbst bei kniffeligen Problemen erleben und erfahren durften, findet so schnell kein Pendant und war ein Geschenk an alle Teilnehmer!
Wie man das in Warendorf mit dem stets brillanten Wetter organisiert bekommt, war leider nicht in Erfahrung zu bringen. Dort befand man sich selbst noch in der Phase des Staunens über die mal wieder wunderbaren äußeren Bedingungen…

Konstantin hat an beiden Wettkampftagen unermüdlich fotografiert und die Bilder zeitgleich online gestellt. Sie stehen hier zum Download zur Verfügung:
>> Fotos DM Einrad-Rennen Warendorf


2 Antworten zu “DM Einrad-Rennen 2018 Warendorf”

  1. Danke für das tolle Lob an die Organisatoren und Helfer. Die Worte bzgl. „Anerkennung von besseren Leistungen anderer Sportler“ kann ich nur unterstreichen. Der Ehrgeiz mancher Betreuer wird dieser Prämisse leider nicht immer gerecht.

  2. Hallo Heike !

    Toller Artikel. Man Besten gefällt mir der Abschnitt über die Fürsorge der Teamkameraden.
    Getreu dem Motto als Team gewinnt oder verliert man gemeinsam. Dies gilt bei einem richtigen Team auch für Einzelsportler.

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