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Heute in drei Wochen startet die 19. Einradweltmeisterschaft, die UNICON 19 in Ansan in Südkorea.

Südkorea – welch spektakulärer Wettkampfort für einen mitteleuropäischen Einradfahrer!

Als wir vor zwei Jahren im Rahmen der letzten WM im baskischen San Sebastian von der Entscheidung für dieses asiatische Land hörten, wirbelten unzählige gegensätzliche Gedanken und Gefühle durch meinen Kopf: die kritische politische Lage vor Ort, die Chance auf wunderbare Erfahrungen in einem für uns so exotischen Land, das Problem des Transportes des umfangreichen Equipments, die Vorfreude, all die Bekannten aus aller Welt wiederzusehen, die Vorstellung, eine WM im sommerlichen Monsunregen und in strapaziösen, klimatischen Rahmenbedingungen zu erleben, die Frage, welche gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen zu treffen sind und zahlreiche Überlegungen mehr.

Noch heute sehen wir die zukünftigen Gastgeber in der Social Area in San Sebastian Fähnchen, Luftballons und Aufkleber verteilen mit strahlenden Gesichtern der Vorfreude auf dieses Großereignis in ihrer Heimat. Nach Tokio 1987 und 2004 findet dieses weltgrößte Einradevent erst zum dritten Mal in der Geschichte auf dem asiatischen Kontinent statt, und das, obwohl gerade in Japan und Korea der Einradsport einen sehr hohen Stellenwert hat und weitaus mehr öffentliches Ansehen genießt, als das in Deutschland und vielen anderen Ländern der Erde der Fall ist. Demzufolge war Südkorea einfach dran, um es salopp auszudrücken. Aber diese  wertschätzende und sicher nachvollziehbare Entscheidung macht es uns trotz allem nicht einfacher.

Manche Sorgen haben sich im Laufe der zwei Jahre zerstreut oder sind zumindest nicht mehr so übermächtig präsent:
Die vor Jahresfrist kaum vorstellbare Annäherung der beiden verfeindeten koreanischen Staaten nimmt einiges an Bedenken vor der Abreise. Ob man dem noch dünnhäutigen Frieden langfristig trauen darf, bleibt abzuwarten, aber uns beruhigt das zumindest kurzfristige Einvernehmen der Herren Kim und Moon doch sehr. Und dass Herr Trump sich am 12. Juni in Singapur mit dem nordkoreanischen Machthaber getroffen hat, entspannt die Lage zusätzlich.

Unser (Einrad-) Gepäck vor dem Abflug nach Montreal 2014

Das Transportproblem bleibt – Politik hin oder her. Ganz unerfahren sind wir nicht mehr, was das Verfrachten und Befördern größerer Mengen an Einrädern und dazugehörigen Materials per Flugzeug angeht, denn schon in 2014 mussten all die Sportgeräte über den Atlantik nach Montreal gebracht werden. Aber in den vier Jahren dazwischen hat sich so manches verändert und weiterentwickelt. Es sind neue Disziplinen dazugekommen, die technische Ausstattung hat sich spezialisiert und verfeinert. Waren es für die UNICON 17 noch neun Räder, die es flugtauglich zu verpacken galt, so sind es diesmal 16 Einräder, die mitgenommen werden wollen. Unsere kleine fünfköpfige Reisegruppe besteht aus vier aktiven Startern – Henriette, Konstantin und Michael Höhne sowie Belinda Bebst und aus einem Non-Competitor, nämlich der Autorin dieses Beitrags. Vor allem Henriette mit ihren vielseitigen Ambitionen benötigt eine Vielzahl an variablen Sportgeräten, wobei aber auch sie Einschränkungen hinnehmen muss, denn die Idealausstattung an Rädern kann selbst bei bestem Willen nicht mitgenommen werden. So sind Kompromisse einfach unabdingbar. Und Belinda und Konstantin freuen sich natürlich darauf, neben ihren Starts dieses exotische Land in Bildern und Filmen festzuhalten, und auch dafür muss das Material verstaut werden.

Mit etwas angespanntem Interesse beobachte ich die derzeitigen Regenfälle in Südkorea. Seit Wochen ist es heiß und nass. Über 30 Grad bei für uns unvorstellbarer Luftfeuchtigkeit – das wird eine enorme Herausforderung für die Teilnehmer aus klimatisch behaglicheren Regionen der Erde.

Ebenso interessant sind die Reaktionen meiner Mitmenschen, erzähle ich denn von unserem sommerlichen Reiseziel. So ertappe ich mich dabei, die Leute sehr gut auszuwählen, denen ich von diesem Vorhaben berichte, weil ich keine Lust mehr habe auf den Ausdruck des Entsetzens in den Gesichtern einiger Zeitgenossen, denen zwei Wochen Jesolo vermutlich schon das Höchste der Gefühle an fremdartigem Urlaubsziel sind. Und ich beobachte mich dabei, wie ich trotzdem tapfer die Teilnahme an diesem Event verteidige, wenn ich aktiv danach gefragt werde, obwohl ich keineswegs so durchweg entflammt bin für den Ort des Geschehens. Aber wie sagte es ein späterer deutscher Olympiasieger vor den Olympischen Winterspielen im Februar 2018 in Pyeongchang in Südkorea sinngemäß: Der Ort ist nun eben mal offiziell festgelegt worden, und wenn man starten will, muss man hinfahren. So einfach ist das.

Es warten also außergewöhnliche Erlebnisse auf uns, in jeder Hinsicht. Wie noch nie zuvor werden auch die Blogbeiträge eine höchst persönliche Färbung und Sichtweise desjenigen wiedergeben, der sie verfasst und nicht immer die Meinung aller einheitlich illustrieren, denn unsere Erwartungen, die damit verknüpfte Vorfreude und die Bedenken sind durchaus verschieden.
Zum ersten mal werden wir versuchen, immer auch eine englische Version des Textes anzubieten. Die Übersetzung dafür wird Henriette bewerkstelligen, soweit es ihr der engmaschige Zeitplan in Ansan gestattet.

Im nächsten Beitrag gibt es dann ein paar spezielle Infos zu unserem Reiseziel.


Eine Antwort zu “Auf nach Südkorea”

  1. Hallo Heike !

    Ein interessanten Bericht mit vielen unterschiedlichen Gedanken.

    Da wir uns nicht mehr sehen, wüsche ich dem gesamten Team alles Gute und viel Erfolg für die Unicon 19 und viele interessante, neue Eindrücke in einem anderen Kulturkreis.

    Mit besten Einradgrüßen
    Rüdiger

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